Die Abende werden kürzer (genau genommen bleiben sie
genauso lang wie immer, es wird nur früher dunkel), das Wetter
schmuddeliger und die Pullis dicker: Anfang November ist der Herbst
in vollem Gange, der Winter steht in den Startlöcher.
Statt Grillpartys im Garten macht man mehr auf gemütlich und
futtert sich drinnen eine wärmende Speckschicht an. St.Martin
ist da ein willkommener Anlass. Ich glaube, dass diese Tradition
nicht deutschlandweit praktiziert wird, also mal eine kurze
Erklärung an meine Fans außerhalb des Rheinlands:
St.Martin geht zurück auf Martin von Tours, seines Zeichens
Bischoff in dieser Stadt im 4.Jahrhundert. Bevor es ihn zum Dienste
am Herrn trieb, trieben ihn seine Eltern erstmal zum Militär.
Als er also als Soldat auf seinem Zossen an einem mächtig
kalten Tag an einem Bettler vorbeikam, der ziemlich fror, weil er
kaum Klamotten hatte, hat Martin kurzerhand seinen Mantel
ausgezogen und mit seinem Schwert in zwei Hälften geteilt, und
eine der Hälften dem armen Bettler abgetreten. Weil das so
mächtig nett war, hat ihn die katholische Kirche irgendwann
heilig gesprochen. Und zur Erinnerung an das Ganze reiten jedes
Jahr Anfang November (der 11.11. ist Martinstag) Laiendarsteller
auf Ponys eine Runde um den Block, gefolgt von der örtlichen
Kindergartenmannschaft mit selbst gebastelten (und selbst
entzündlichen) Laternen. Während des Umzugs werden die
Klassiker "Ich gehe mit meiner Laterne" und "St. Martin war ein
guter Mann" gesungen, und am Ende teilt der Laiendarsteller mit
einem Plastikschwert den Klettverschluss an seinem Umhang vor einem
Lagerfeuer.
Für die Kids ist das echt eine Show und die begleitenden
Erwachsen finden meist irgendwo eine Topf mit Glühwein, um die
Sache lustiger zu gestalten.
Neben diesen Martinsumzügen gibt es noch eine andere Tradition
zu St.Martin: die Martinsgans. Die arg konstruierte Geschichte, um
den Zusammenhang zwischen Gänseschmaus und St.Martin
hinzubekommen geht übrigens so: Als man Martin zum Bischof von
Tours machen wollte hat dieser sich verkrümelt, weil er nicht
nur mächtig nett, sondern auch mächtig bescheiden war und
sich den Job nicht aufhalsen lassen wollte. Dummerweise hat er sich
bei einem Gänsestall versteckt, und die Viecher haben ihn mit
ihrem Geschnatter verraten. Zur Strafe dürfen sie jetzt immer
an St.Martin in den Bräter.
Man besorge sich also eine Gans. Meistens wird die tiefgefroren
sein, also muss man die erstmal in einem Wasserbad auftauen lassen,
anschließend abtropfen lassen und mit Küchenkrepp
trocken tupfen. Der Marcusissimo! Geheimtipp fürs
würzen: Man nehme ein 08/15 Hähnchen-Würzsalz vom
Discounter und verrühre das mit etwas Pflanzenöl. Die
Masse dann mit einem Pinsel auf die gesamte Haut auftragen.
Klassisch füllt man die ausgenommene Gans mit
Boskop-Äpfeln, lecker ist es ergänzt mit Esskastanien
(auch Maronen genant). Dazu sammele man Anfang Oktober im Wald
vorsorglich einen großen Korb voll - unsportliche Leute
können sie auch im Laden erwerben. Die Maronen ritzt man mit
einem Messer ein und stellt sie dann ca. 90sec Bei 600Watt in die
Mikrowelle. Danach kann man die Schale halbwegs problemlos abpulen
und den Kern in 4-6 kleine Stücke hacken. Jetzt kommen
noch die Boskop-Äpfel ins Spiel: 3-4 (je nach
Gansgröße) davon werden entkernt und geviertelt oder
noch etwas kleiner geschnitten. Mit den Apfel- und
Kastanienstücken gemischt füllt man dann die Gans. Statt
sich mit Pickern abzumühen empfehle ich, die Gans nach dem
Füllen mit einem festen Zwirn zu zu nähen - das geht nach
dem Braten auch gut wieder ab (nicht vergessen!).
Nun kann die Gans zusammen mit einem Glas Wasser in einen
großen Bräter oder auf ein tiefes Backblech in den
Backofen. Dort lässt man sie erstmal bei 200Grad 2 1/2 Stunden
vor sich hin brutzeln, dabei ab und an den Bratsud aufnehmen und
über den Braten traufeln, damit die Haut nicht verbrennt.
Der Meister begutachtet sein Werk |
In eine kleine Schüssel gibt man einen Esslöffel Honig
und ungefähr genauso viel Margarine. Die Schüssel stellt
man dann kurz bei voller Leistung in die Mikro, so dass die
Margarine zerläuft und man sie mit dem Honig verrühren
kann. Diese Mischung streicht man dann mit einem Pinsel auf die
Gans. Anschließend schaltet man im Ofen den Grill zu (sofern
der Ofen dieses Feature bietet). Ca.15 Minuten nach dieser
Behandlung sollte die Gans eine Knusperkruste haben, jetzt kann man
den Braten aus dem Ofen holen und zerteilt ihn mit einer
Geflügelschere; die Füllung holt man mit einem
Löffel heraus und reicht sie in einem extra Schale.
Im Bräter oder tiefen Backblech hat sich ein Bratensud
gesammelt. Davon muss man erstmal das meiste Fett abgießen;
nur ein kleinen Teil davon in einen kleinen Topf übernehmen,
mit Wasser aufgießen, aufkochen und andicken und als
Soße servieren.
Als Beilagen empfehlen sich Klöße und Rotkohl.
Das Rezept eignet sich auch für eine Weihnachtsgans!
Erstmal aufschneiden und Füllung rausholen |